Besonders herausragenden Umsetzungen war die berühmteste und härteste Wüstenrallye der Welt bislang nicht vergönnt. Nach dem Wechsel des Austragungsortes nach Saudi-Arabien versucht sich Saber Porto mit der Unreal Engine an einer abermaligen Umsetzung mit „Dakar Desert Rallye“.
Startschwierigkeiten
Gleich als aller Erstes werden wir mitten ins Geschehen geworfen. In Form eines Tutorials bringt man uns die verschiedenen Wagenklassen, bestehend aus lizenzierten Autos, Trucks und Motorrädern näher und dann landen wir schon in der Garage und dürfen uns den ersten eigenen Boliden in selbige Stellen. Dieses „gleich mitten rein“ funktioniert für Konsolenspieler mit Sicherheit ganz gut. Aber auf dem PC ist dies immer ein wenig nervig. Dürfen wir bitte erstmals Einstellungen anpassen und die Steuerung zuweisen? Danke!
Nach einigen Fummeln stellen wir fest, dass Dakar Desert Rallye es (noch) nicht mag, wenn mehrere Eingabegeräte zeitgleich angeschlossen sind. In den Einstellungen sind wir dann geneigt gleich die Hintergrundmusik herunterzudrehen, die bereits nach wenigen Minuten nervt. In den Grafikeinstellungen ist „Episch“ voreingestellt und das läuft auch einen „mittelguten“ Gaming- Notebook fast flüssig mit Vsync. Aber eben nur fast, da immer mal wieder Ruckler zutage treten, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen, da sie auch in kargen Abschnitten vorkommen. Solche kleineren Problemchen sind bei Neuerscheinungen nichts ungewöhnliches. Ebenso der Anfangs fehlende Support für Fanatec Lenkräder.
Das schaukeln durch die Wüste
Das Fahrverhalten kann man als eine Mischung aus Arcade und Simulation bewerten. Von präzisen und feinen Lenk- und Gasbewegungen profitiert man kaum, weswegen das grobe Besteck in Form eines Controllers völlig ausreichend ist. Allen Wagenklassen gemein ist ein unweigerliches Aufschaukeln bei schnellen Brems- und Lenkmanövern oder beim ungünstigen Landen nach Bodenwellen. Passen wir nicht gut genug auf, endet das Ganze in einem Dreher in die Botanik oder vom Bock. Dabei spielt es auch keine Rolle, wie gut wir unser Fahrzeug auf die Etappe abstimmen, es ist eine generelle Eigenheit der Physik, die in diesem Punkt nicht immer nachvollziehbar ist. Der Rest passt soweit: Autos fahren sich agiler als große LKW und mit dem Motorrad ist man schneller unterwegs, aber auch für Stürze anfälliger.
Gespielt werden kann in drei Schwierigkeitsgrade oder sagen wir besser Modi? Im Sport Modus finden wir uns in einem Massenstart wieder und müssen dennoch nicht als erste, aber als schnellster die Ziellinie erreichen. Die Navigation wird uns dadurch erleichtert, dass Pfeile auf den Boden und visuelle Distanzangaben den richtigen Weg zum nächsten Checkpoint weißen. Zugegeben, das ganze macht schon Spaß, wenn wir uns über kurze gehaltenen Etappen durch die Staubfahnen unserer Konkurrenten durch die Wüste ackern. Hin und wieder begegnen uns auch gestrandete Teilnehmer andere Wagenklassen. Besonders intelligent agieren dabei unsere Mitstreiter leider nicht, das merkt man spätestens, wenn in der ersten engeren Kurve gleich drei KI-LKWs auf der Seite liegen.
Open-World Areale
Der zweite Modus nennt sich Profi – Modus. Hier kommen wir dem, was man aus dem Fernsehen als Dakar kennt, recht nah. Wir starten alleine und haben keine optischen Hilfen mehr, sondern nur unseren Beifahrer und das authentisch gestalte Roadbook zur Navigation. Das ist in der Tat gut gemacht, weil wir nicht einen lang gezogenen Schlauch als Etappe abfahren, sondern wirklich in einem Open-World artigen Areal mit mehreren Wegen, Abzweigungen, Dünen und Wasserdurchfahrten unterwegs sind. So werden wir in den Etappen immer mal wieder Weg von der Strecke quer durch die Wüste geschickt und müssen uns, orientiert an Kurs- und Gradzahlen durch die Dünen wuchten. Manchmal führen sogar verschiedene Wege zum Ziel. Wenn wir jedoch zu viele Checkpoints auslassen, hagelt es Zeitstrafen.
Beifahrer vs. Roadbook
Der in den Autos und LKW vorhandene Beifahrer ist leider nicht immer die Hilfe, die man sich wünscht. Hin und wieder kommen Ansagen zu spät und weißen uns dann in die falsche Richtung, Links und Rechts werden verwechselt und auch die genannten Kurszahlen stimmen gerade beim Abbiegen an Verzweigungen fast nie mit dem im Roadbook überein. Besonders an die Hand genommen wird man hier leider nicht, wenn es darum dieses zu Interpretieren. Da hilft auch eine Legende im Pausenmenü zu den Dutzenden Zeichen und ihren Erklärungen wenig. Besonders tragisch ist es aber auch nicht: nach kurzer Zeit bemerkt man, dass es ausreichend ist, auf etwaige Abzweigungen bei der jeweiligen Kilometerzahl zu achten. So ist das Navigieren mit dem Quad oder auf dem Motorrad auch ohne Stimme im Ohr möglich.
Ereignisse, aber keine Dakar
Wenn wir jeweils unter den ersten 8. ins Ziel kommen, wird die nächste Etappe freigeschaltet und wir erhalten Erfahrungspunkte, die wiederum neue Ereignisse freischalten. Im Sport Modus erhalten wir als Belohnung historische Fahrzeuge, wenn wir die Ereignisse mit allen fünf Wagenklassen erfolgreich abgeschlossen haben. Die letzte Stufe, der sogenannte Simulationsmodus, wird erst auf Level 25 freigeschaltet. In diesem ist dann sogar das Versetzen zurück auf die Strecke nicht mehr möglich, die Fahrzeuge nehmen noch leichter Schaden und die Etappen werden deutlich länger. In den sogenannten „Dakar Erfahrungen“ der Jahre 2020 – 2022 fahren wir über die identischen Strecken wie vorher, nur halt ohne Unterbrechung in drei großen Etappen mit einer Dauer von je 30 bis 45 Minuten.
Ist das alles?
Und das war es dann eigentlich auch schon gewesen. Es gibt noch einen Online-Modus. Hier dürfen wir uns Fahrzeug und Strecke aussuchen und gegen andere Teilnehmer antreten. Ebenso kann man sich auf den Ranglisten vergleichen. Das ist schon wenig Umfang, es wäre ja eine Idee gewesen, sich mit einem Freund als Navigator zu verbinden oder Online-Wettbewerbe mit mehreren Etappen oder Ähnliches anzubieten. Unweigerlich stellt sich dann auch die Frage, was das jetzt mit der Dakar zu tun hat. Klar, wir fahren mit den lizenzierten und authentisch aussehenden Fahrzeugen durch deine tolle und abwechslungsreiche Open-World Landschaft. Die visuelle Darstellung ist dabei nicht immer auf dem allerletzten Niveau, muss sich aber nicht verstecken. Was fehlt, ist die „Dakar“, also eine große Rallye, über mehrere Etappen, quer durchs Land. Wer damit leben kann, der hat mit Dakar Desert Rallye ein solides Offroad-Rallye Spiel, welches leider viel Potenzial durch den abrupt endenden Karriere Modus ohne richtige Dakar einbüßt und durch kleinere Nachlässigkeiten viel Potenzial verschenkt.
Dieser Test wurde vom guten Mathias im Rahmen eines Gastbeitrages verfasst. Vielen Dank!